2014/01/31

Freiwillig einfach

Über das gute Gefühl, wenn man die Wohnung anlässlich des jährlichen Frühjahrsputzes sauber gemacht hat, habe ich hier im Blog bereits geschrieben. Es tut einfach gut, wenn man die Früchte der harten Arbeit sieht, wenn alles glänzt und sich wie neu anfühlt.
Ein ähnlich angenehmes Gefühl ist es, wenn die Wohnung aufgeräumt wird. Wenn unnötige Sachen wegkommen, über kurz oder lang Gehortetes ausgemistet wird, Dinge endlich an ihren Platz kommen, wofür im Alltagstrott – und manchmal auch am Wochenende – keine Zeit bleibt. Wenn Mappen, Schachteln und Schubladen durchgesehen und ausgemistet werden.
All das mache ich im Allgemeinen zweimal pro Jahr: Mich quasi an das bei uns übliche und vom deutschen ein wenig abweichende Studienjahr bzw. dessen Ende richtend einmal um den Januar und einmal um den Juli herum, plusminus einige Wochen.

Dieses Jahr ist das ganze so wie bisher, aber doch ein bisschen anders. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass ich mit dem Ende der Doktorstudien unlängst ein großes Kapitel in meinem Leben abgeschlossen habe, oder auch damit, dass sich meine und unsere Prioritäten mit den Kindern und dem Älterwerden naturgemäß verschieben.
Auf jeden Fall beschäftigt mich in den letzten Tagen und Wochen eine etwas extremere Form des Aufräumens und der Ordnung, die unter dem Begriff Einfaches Leben (Simple Living) oder Freiwillige Einfachheit (Voluntary Simplicity) zusammengefasst werden kann. Wie im einschlägigen Wiki-Artikel steht, kann man das ganze auch neudeutsch als Downshifting bezeichnen. Den Begriff Minimalismus finde ich dagegen weniger passend, da ich damit in Gedanken eher eine Extremvariante verbinde, bei der man all seine Alltagsgegenstände und Habseligkeiten auf – sagen wir mal – genau einhundert Stück reduziert.

Bei der oben genannten Richtung gibt es dagegen keine fest vorgeschriebenen Kriterien, die muss jeder selber ausklügeln und sich zusammenstellen. Die Bereiche, in denen diese angewandt werden können, sind so vielfältig wie das Leben selbst: Besitztümer, Ernährung, Kleidung, Mediennutzung, Handwerk, Umweltschutz und natürlich das geistige Leben. Warum mich das ganze zurzeit besonders interessiert, ist die Tatsache, dass wir vieles davon bereits mehr oder weniger bewusst seit Jahren anwenden, wie ich hiervon schon teilweise berichtet habe, zum Beispiel im Fall einiger Haushaltsgeräte oder unlängst im Fall meiner E-Mails.
Nun habe ich mir also vorgenommen, das ganze noch etwas bewusster zu tun und im Alltag zu leben. Den Gedanken zu einem zentralen, integralen Teil meines Lebens zu machen. Dabei geht es keinesfalls darum, auf die guten Dinge zu verzichten und sich nichts zu gönnen. Ganz im Gegenteil: Wenn man weniger hat, auf weniger Acht geben, weniger beschützen, weniger sauber machen, weniger speichern, um weniger Angst haben muss, kann man das Wenigere mehr und bewusster genießen und mehr darauf eingehen. Sei es ein Gegenstand, das Essen, ein Getränk oder ein Gefühl.
Es geht auch nicht darum, asketisch zu leben, sich von der Welt abzuschotten oder im Bereich Kleidung, Aussehen oder Hygiene vollkommen anspruchslos zu sein. Vielmehr sehe ich den Sinn darin, den eigenen Konsum jedes Mal zu überdenken, auf Unnützes rechtzeitig oder zumindest möglichst schnell zu verzichten, das Vorhandene so gut und so lange es geht zu nutzen und Ordnung zu halten – sowohl im Alltag, als auch in den Gedanken.

In den vergangen Tagen habe ich beim laufenden Ausmisten und Sortieren bereits diese Ideen im Hinterkopf behalten und bin dementsprechend vorgegangen. Ich weiß nicht, ob ich das auf Dauer schaffen werde, aber auf Grund unserer bisherigen Lebensweise denke ich, dass wir eine gute Chance haben, diese Prinzipien fortlaufend im Alltag umzusetzen. Ohne Neujahrsvorsätze machen zu wollen, von denen ich noch nie viel gehalten habe, eignet sich der jetzige Jahresanfang perfekt für solch ein Unterfangen, das nicht wirklich einen radikalen Einschnitt, aber zweifelsohne viel Disziplin in unserem Leben bedeuten würde.

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